Warum diese Seiten über Alexander Behm?

Wer war Alexander Behm? Mit dieser Frage machte ich mich vor einigen Jahren auf den Weg. Ich wollte mehr über den Erfinder erfahren. Sein Haus, das in Tarp bei Flensburg „Fischerhütte“ genannt wurde, kannte ich seit langem. Im Nachbarhaus, im Tal des kleinen Flusses Treene, wurde ich geboren. Ich muss vier oder fünf Jahre alt gewesen sein, als ich Behms pilzförmiges, reetgedecktes Haus an der Hand meines Opas das erste Mal betrat. Johanna, Behms Witwe, kam mir damals uralt vor. In Decken gehüllt saß sie in ihrem Lehnstuhl neben dem riesigen Kachelofen. Mit wachen Augen musterte sie mich freundlich und erkundigte sich nach Ilse, meiner Mutter, die im Treenetal aufgewachsen war. Als Johanna Behm 1956 starb, war ich siebeneinhalb Jahre alt.  

 

Mein Interesse an dem Erfinder des Echolots wuchs, als meine Mutter 2010 starb. In ihren letzten Jahren hatte sie immer häufiger über ihre Kindheit in ihrer norddeutschen Heimat gesprochen. Meine Recherchen begannen mit der erfolglosen Suche nach einer Biografie. Der Große Brockhaus widmet dem Erfinder des Echolots fünf Zeilen. Wikipedia ist ausführlicher. Aber in Akustik-Fachbüchern, meist von angelsächsischen Autoren, taucht der deutsche Erfinder des Echolots nicht auf. In einem Kieler Antiquariat, wenige Fußminuten von der ehemaligen Behm-Echolot-Fabrik entfernt, hat man den Namen des Erfinders noch nie gehört. All dies weckt meine Neugier. Erst in den amtlichen Archiven in Kiel, Tarp, Haderslev (Dänemark), Schleswig, Sternberg, Rostock, Wien, des Deutschen Museums in München, des Heimat-Museums Parchim, des Zeppelin-Museums Friedrichshafen und des Bundespatentamts werde ich fündig. Es entsteht ein Mosaik seines Lebens und Lebenswerks, in dem die Fakten zum Teil widersprüchlich, vor allem aber spannend sind. Ich beschließe, die Biografie zu schreiben. Wochenlang versinke ich in Universitätsbibliotheken in Berlin, Kiel und Karlsruhe. Ich nehme Kontakt zu Experten, Meeresinstituten, Kuratoren und Zeitzeugen auf. Meine Regale füllen sich mit naturwissenschaftlichen Büchern, meine Ordner mit Schriftwechsel. In Kiel treffe ich einige „Behmianer“, ehemalige Beschäftigte der Behm-Echolot-Fabrik. Auch in Tornschau, Tarp und Frörup, Kreis Flensburg, finde ich Zeitzeugen.  

In den Gesprächen mit ihnen wird mir bewusst, dass eine "wissenschaftlich-objektive" Biografie weder der kantigen, schillernden Persönlichkeit Behms, noch dem Anteil seiner Ehefrau an den Erfindungen und erst recht nicht den Spannungen seiner turbulenten Zeit gerecht werden kann. Um über den nüchternen Dokumentenbefund interpretierend und reflektierend hinausgehen zu können, wähle ich die erzählende Form der Biografie und nenne sie "Echozeiten" (Näheres siehe unter "Behm-Biografie"). Sie erlaubt es, Behms Lebenswerk mit der Rolle seiner Ehefrau und den Ereignissen der Zeit zu verknüpfen. Damit erhält die Biografie zwangsläufig eine subjektive Färbung.  

Daran knüpft sich zu Recht die Frage an: „Wer war Behm nun wirklich, was ist Fiktion und was Wahrheit?“ Sie ist auch nach etlichen Recherchejahren nicht einfach zu beantworten. Zu viele vermeintlich gefestigte Erkenntnisse erweisen sich als Legenden. Viele Jahrzehnte immer wieder veröffentliche Behauptungen entpuppen sich als Mythen. Sogar Behms eigene Aufzeichnungen sind nicht immer frei von Widersprüchen. Mein vorläufiges Fazit: Behm war kein typischer Wissenschaftler, eher ein Macher und Tüftler. Als solcher war er außerordentlich erfolgreich. Allerdings ist ein erheblicher Teil dieses Erfolges seiner Ehefrau Johanna zu verdanken. In der von großer Liebe getragenen Beziehung beider war sie die Gebildete und Vorausschauende. Sie gab ihm die Kraft und die Orientierung, ohne die Behms Lebenswerk nicht gelungen wäre.

Sein Behmlot erfand er während des Ersten Weltkriegs selbständig und unabhängig von Parallelentwicklungen, die in den Staaten der damaligen Kriegsfeinde stattfanden. Er war der erste Echolot-Erfinder in Deutschland. Aber war das Echolot deshalb auch eine "rein deutsche Erfindung", wie von einigen behauptet wird? Mit dieser Frage befassten sich bereits 1953 die Wissenschaftler Helmut Drubba und Hans Heinrich Rust in der Zeitschrift für angewandte Physik (1953 insb. S. 399). Bereits damals kamen sie zu dem Ergebnis, dass das Echolot eine "wahrhaft internationale Erfindung" sei. Eine belastbare Antwort auf die immer wieder aufgeworfene Frage, wer im internationalen Erfinderwettbewerb als erster erfogreich gelotet hat, ist bislang nicht gefunden worden. Dies schmälert Behms in über 100 Patentschriften dokumentierten Verdienste keineswegs.

Damit sich Interessierte mit diesen und anderen heute noch  strittigen Fragen kompetent befassen können,  beschließe ich, die Biografie um dieses "virtuelle Behm-Archiv" zu ergänzen. Es soll den Zugang zu wissenschaftlich und übersichtlich geordneten Daten, Fakten, Quellen und Bildern erleichtern. Das „virtuelle Behm-Archiv“ ermöglicht allen, die sich für Behms Leben und Lebenswerk in der historisch turbulenten Zeitspanne zwischen Kaiserreich und Gründung der Bundesrepublik Deutschland interessieren, ihre eigene Beurteilung zu finden. Und es bietet einen Weg, diese Plattform um neue Erkenntnisse und Quellen fortlaufend anzureichern (vgl. auch meinen Fachbeitrag aus 2013, der einen schnellen Überblick über Behms Leben gibt und als pdf hier heruntergeladen werden kann) .

Eine erste Fassung des Buches wurde  am 11.11.2012, an Behms 132. Geburtstag, veröffentlicht. Seitdem hat es Vorträge, Rezensionen, neue Expertengespräche und Interviews mit Zeitzeugen gegeben. Auf der Grundlage neuer Erkenntnisse wurde das Buch grundlegend überarbeitet und um zahlreiche Abbildungen - Fotos, Skizzen, Dokumente aus Archivbeständen - ergänzt. Die Neuauflage ist 2018 im BoD-Verlag Norderstedt unter der ISBN 9783752805826  (Printausgabe) und ISBN 9783752807677 (E-Book) erschienen. Sie ist im Buchhandel vor Ort und in allen einschlägigen Online-Buchshops erhältlich (Näheres siehe Seite "Behm-Biografie").

Das Echolot ist für die Schifffahrt heute so selbstverständlich wie der Tacho für den Autoverkehr. Seine Geschichte ist ein spannender Ausschnitt norddeutscher Technikgeschichte. Wer sie nicht nur lesen, sondern auch hören will, kann dies jetzt auch auf www.eckolot.de

Werner Schneider

 

- Stand 27. Oktober 2020 -